Magnetismus der Planeten 


 
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts erschien der Erdmagnetismus ein glücklicher Zufall der Natur. Zu viele Faktoren mußten günstig übereinstimmen: ein flüssiger Erdkern, dessen Leitfähigkeit und Bewegungen  - all das mußte den strikten Forderungen der Dynamotheorie genügen.

Doch dann begann man, andere Planeten unseres Sonnensystems näher zu untersuchen und heute wissen wir, daß nur die Venus überhaupt keinen Magnetismus besitzt. Die Planeten unterscheiden sich deutlich in ihrer Größe, und so unterscheiden sich auch ihre Felder. Fas alle aber scheinen sie Dynamofelder zu besitzen, oder, wie im Falle des Mondes und des Mars, besaßen dergleichen zumindest in der Vergangenheit.

Jupiter

 Jupiter
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Anfang des Jahres 1955 installierten zwei junge Radioastronomen eine kreuzförmige Antennenanordnung am Department of Terrestrial Magnetism (DTM) der Carnegie Institution. Die Anordnung konnte Signale von einem schmalen Richtungsbereich empfangen. Ken Franklin und Bernie Burke kalibrierten es, indem sie eine bekannte Radioquelle benutzten, den Krebsnebel. Anschließend untersuchten sie den umliegenden Himmel.

Sie fanden eine weitere verdächtige Radioquelle, doch anders als beim Krebs veränderte sich deren Position langsam. Konnte das Jupiter sein? Als sie nachts gemeinsam unter ihrer Antennenanordnung standen, bemerkte Bernie einen Stern über ihnen und fragte Ken: "Was ist das für ein helles Ding da oben?" Es war Jupiter, und auch das Signal kam von dort. In der Veröffentlichung zu ihrer Entdeckung spekulierten die Astronomen: "die Ursache dieser Strahlung ist nicht bekannt, doch vermutlich rührt sie von Störungen in der Atmosphäre des Jupiter her."

Nachdem 1959 die Strahlungsgürtel der Erde entdeckt worden waren, beobachtete Frank Drake den Jupiter und schloß aus den relativen Intensitäten in einem bestimmten Bereich von Wellenlängen, daß das Signal offenbar von Elektronen erzeugt wurde, die in einem starken magnetischen Feld eingefangen waren. 1973 flog die Raumsonde Pioneer 10 am Jupiter vorbei und fand dort ohne jeden Zweifel ein enorm starkes magnetisches Feld mit einem intensiven Strahlungsgürtel.

Wenn die Felder der Erde und des Jupiter beide in erster Näherung Dipolfelder waren (also den Feldern von Stabmagneten im Zentrum der Planeten glichen), dann müßte Jupiters Magnetfeld etwa 20,000 mal stärker sein als das der Erde. Jupiters magnetische Achse ist genau wie die der Erde leicht gegenüber der Rotationsachse verschoben - und obwohl Jupiter und die Erde (wie auch alle andern Planeten) in der gleichen Richtung rotieren, ist die magnetische Polarität des Jupiter genau entgegengesetzt.

Die Ursachen des Feldes sind noch immer unklar. Niemand weiß, woraus der Kern des Jupiter besteht, doch eine weithin akzeptierte Theorie besagt, es sei Wasserstoff, und zwar in so verdichteter Form, daß er durch den riesigen Druck der äußeren Schichten des Planeten metallisch wird und Strom leitet. Die seltsamen Radiosignale, die Franklin und Burke beobachtet hatten, kamen aus dem Strahlungsgürtel des Jupiter, dem intensivsten in unserem Sonnensystem, so intensiv, daß Pioneer 10 nach nur einem Durchlauf durch den Gürtel (kleinere) Strahlungsschäden erlitt. Neben den Strahlungsgürteln gibt es auf dem Jupiter auch Polarlicht, wie Bilder des Hubble-Teleskops beweisen.
 
Jupiter  Polarlicht
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Jupiters Magnetfeld produziert einige bemerkenswerte Wechselwirkungen mit den größeren Monden des Planeten (die größer sind als der Erdmond). Io, der innerste große Mond, wird durch seine Gezeiten erhitzt und besitzt eine bizarre Welt aktiver Schwefelvulkane und eine sehr dünne Atmosphäre. Der Mond selbst und/oder seine Ionosphäre sind elektrisch leitfähig und die relative Bewegung in Bezug auf die Magnetosphäre des Jupiters erzeugt einen Dynamoprozeß der zu großen Strömen zischen dem Planeten und seinem Mond führt.

Die Raumsonde Voyager 1 flog am 5. März 1979 sehr nahe an diesen Strömen vorbei und beobachtete deren magnetische Felder. Sie beeinflussen auch die Radioemissionen des Jupiter und erzeugen "das Signal", welches auf der Erde-  je nach Position von Io verstärkt oder abgeschwächt - nachweisbar ist. Jüngere Beobachtungen durch die Raumsonde Galileo lassen auch vermuten, daß der Mond Ganymed ein eigenes Magnetfeld besitzt. Jupiters Magnetosphäre bewegt sich in diesem Abstand mit dem Planeten mit, und während es sich an Ganymed vorbei bewegt, formt der Mond offenbar seine eigene kleine Magnetosphäre aus (Hintergrundinformationen zum Io Dynamo).

Andere Planeten

Alle vier Riesenplaneten - Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun - wurden von Voyager 2 besucht. (Die ersten beiden wurden auch von Pioneer 10 und 11 sowie von Voyager 1 untersucht. Die Sonde Ulysses flog am Jupiter vorbei während Galileo ihn gerade umkreist). Alle vier Planeten haben ein bedeutend stärkeres Magnetfeld als die Erde, in dem für den Jupiter oben geschilderten Sinn. Die magnetische Achse des Saturn scheint bemerkenswerter Weise in den Grenzen der Beobachtungsgenauigkeit exakt mit der Rotationsachse überein zu stimmen.

Die magnetischen Achsen von Uranus und Neptun hingegen sind etwa um  60° gegenüber ihren Rotationsachsen geneigt. Form und Eigenschaften der planetaren Magnetosphären hängen von dem Winkel zwischen Sonnenwind (d.h. der Sonnenrichtung) und der magnetischen Achse ab. Für die letztgenannten beiden Planeten scheint dieser Winkel andauernd schnellen Änderungen unterworfen zu sein. Daraus resultieren wilde Variationen der Magnetosphären während jeder Rotation. Trotzdem können Partikel eingefangen werden. Die Ursachen all dieser Felder sind unbekannt. Saturn ist groß genug, um in seinem Kern metallischen Wasserstoff zu enthalten - doch Uranus und Neptun nicht.

Der Planet Venus wurde im Jahre 1974 von der Sonde Mariner 10 untersucht, die sich anschließend weiter zum Merkur bewegte. Die Venus, so fand man, war unmagnetisch: der Sonnenwind wurde nur von der oberen Atmosphäre, der Ionosphäre, gestoppt, wodurch sich eine völlig andere Form von Magnetosphäre ergibt, die eher einem Kometenschweif gleicht.

Merkur andererseits - ein luftloser Gesteinsbrocken nur unwesentlich größer als unser Mond, der jedoch sehr langsam rotiert - überraschte dir Forscher durch seine Magnetisierung. Sein Magnetfeld ist zwar schwach und erstreckt sich vermutlich nicht weit genug, um viele Teilchen einzufangen, doch als die Raumsonde auf seiner Nachseite durch den Magnetschweif flog, wurde ein plötzliches magnetisches Zucken gemessen, während dessen vermutlich Teilchen energetisiert wurden. Um all dies näher zu erkunden, startete die Nasa die "Messenger Mission" auf einer Umlaufbahn um den  Merkur. 

Der Mars und der Erdmond besitzen auf ihrer Oberfläche permanent magnetisierte Gesteinsformationen. Sie scheinen zu beweisen, daß, wenn auch diese Himmelskörper heute keinen Dynamoprozeß mehr besitzen, ein solcher in früherer Zeit existiert haben muß. Auf eine "heiße Vergangenheit"  des Planeten Mars deutet auch die Beobachtung riesiger (vermutlich erloschener) Vulkane.

Magnetisierung des Mars rot und blau
kennzeichnen entgegengesetzte
Richtungen des Magnetfelds. 
Hintergrundinformationen auf der Seite
Astronomy Picture of the Day, 4 May 1999
    Die Muster der Magnetisierung auf dem Mars, die erstmals von Mars Global Surveyor beobachtet wurden, sind besonders verwirrend, denn sie scheinen Streifen auszubilden, die Wissenschaftler an die streifenförmigen Magnetanomalien auf den Ozeanböden der Erde erinnern. Durch sie wurde die Theorie der Plattentektonik gestützt. Magnetische Beobachtungen auf dem Mars sind jedoch noch nicht detailliert genug, um stichhaltige Schlußfolgerungen zu erlauben. 

    Planetare Magnetfelder scheinen heute, zumindest in unsrem Sonnensystem, eher die Regel als die Ausnahme zu sein. Etwa 1000 Jahre sind seit der Erfindung  des Kompasses vergangen, mit dem erstmals die Existenz solcher Felder entdeckt wurde. An der Schwelle zum zweiten Jahrtausend ihrer Erkundung, stehen wir vor mehr unbeantworteten Fragen als jemals zuvor. 

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Autor und Kurator:   Dr. David P. Stern
     E-mail an Dr.Stern:   earthmag("at" symbol)phy6.org

Deutsche Bearbeitung: Sven Friedel, Universität Leipzig
Letzte Änderung 17. September 2001